News – 2014

300 Millionen Jahre alte Insektennymphe 300 Millionen Jahre alte Insektennymphe

29. Dezember 2014:

 

Vor Kurzem wurde unser neuer Artikel zur Evolution der Insekten in Biological Reviews online gestellt:

 

Haug, J. T., Haug, C. & Garwood, R. J. online first. Evolution of insect wings and development – new details from Palaeozoic nymphs. Biological Reviews.

 

Diese Veröffentlichung ist eine Kombination bisheriger Daten mit unseren neuen Erkenntnissen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf 300 Millionen Jahre alten (karbonischen) Insektennymphen, welche in den letzten Jahrzehnten sehr unterschiedlich interpretiert wurden. Am Interessantesten in diesem Zusammenhang ist die Evolution der Flügelentwicklung. Wir konnten zum Teil frühere Interpretationen bestätigen wie z. B. dass frühe Vertreter verschiedener Insektenlinien ihre Flügel gradueller entwickelten als moderne Vertreter. Offensichtlich wirkten selektive Drücke gegen die ursprüngliche graduelle Entwicklung.

 

Als Konsequenz daraus weisen moderne Vertreter eine plötzlichere und drastischere Veränderung auf, von den anfangs kaum entwickelten Flügeln (besser Flügelscheiden) bei den Jungtieren zu den voll funktionalen Flügeln bei den erwachsenen Vertretern. Damit ist dieser moderne Typ der Entwicklung metamorpher als der ursprüngliche Modus. Interessanterweise evolvierten solche metamorphen Entwicklungsmuster unabhängig voneinander in verschiedenen Insektenlinien. Der Artikel kann hier abgerufen werden.

 

Vor wenigen Tagen haben wir zusammen mit zwei Co-Autoren (Marie Hörnig als Erstautor) einen Artikel über die kleinsten Schaboidennymphen veröffentlicht, die bisher im Fossilbericht gefunden wurden:

 

Hörnig, M. K., Haug, C., Herd, K. J. & Haug, J. T. 2014. New insights into dictyopteran early development: smallest Palaeozoic roachoid nymph found so far. Palaeodiversity 7, 159–165. 

 

Die zwei Stücke, die hier gezeigt wurden, hatte die Privatsammlerin Helga Bech im Steinbruch am Piesberg gefunden, einer karbonischen Lagerstätte bei Osnabrück. Die Tiere sind nur 7,5 mm bzw. 3,3 mm lang. Damit sind dies die mit Abstand kleinsten paläozoischen Insektennymphen, die bisher gefunden wurden, wobei die kleinere vermutlich ein Schlüpfling ist. Die Veröffentlichung ist frei zugänglich und kann hier heruntergeladen werden.

 

Schließlich freuen wir uns noch das Buch Atlas of Crustacean Larvae ankündigen zu dürfen, welches diesen Sommer erschienen ist. Es bietet einen Überblick über die verschiedenen post-embryonalen Entwicklungsmuster, die bei Krebsen vorkommen, wobei das Thema mit vielen Abbildungen anschaulich illustriert wird. Der Link zum Verlag befindet sich hier.

Entwicklung von Leanchoilia illecebrosa Entwicklung von Leanchoilia illecebrosa

16. Juli 2014:

 

Unser neuer Artikel wurde gestern in Nature Communications veröffentlicht:

 

Liu, Y., Haug, J. T., Haug, C., Briggs, D. E. G. & Hou, X. 2014. A 520 million-year-old chelicerate larva. Nature Communications 5, art. 4440.

 

Gemeinsam mit unseren Koautoren beschreiben wir darin ein sehr kleines Fossil von Leanchoilia illecebrosa, einem frühen Cheliceraten, also einem Verwandten von modernen Spinnen, Skorpionen und Milben. Das neue Fossil misst lediglich 8 mm, wohingegen die meisten bekannten Stücke mehrere Zentimeter groß sind. Das Fossil wurde mithilfe der Komposit-Fluoreszenzmikroskopie dokumentiert. Hierdurch konnten feinste Details aufgelöst werden, unter anderen eine spezielle Bewehrung des ersten großen Greifbeins. Diese unterscheidet sich signifikant von der Bewehrung größerer bekannter Individuen.

 

Dies deutet darauf hin, dass jüngere Entwicklungsstadien von L. illecebrosa eine andere Futterquelle nutzen als die erwachsenen Tiere und damit eine andere ökologische Nische besetzen. Somit repräsentieren die frühen Stadien echte Larvenstadien mit einer Nischendifferenzierung. Eine Nischendifferenzierung zwischen frühen und späten Entwicklungsstadien als Strategie der Vermeidung von Konkurrenz um Ressourcen, wie sie heute von vielen Arthropodengruppen genutzt wird (etwa von holometabolen Insekten), war also bereits vor 520 Millionen Jahren etabliert. Der Artikel wurde hier veröffentlicht.

Eingerollte Stomatopodenlarve Eingerollte Stomatopodenlarve

03. Juli 2014:

 

Vor Kurzem wurde unser Artikel zur Einrollung bei Larven von Stomatopoden veröffentlicht:

 

Haug, C. & Haug, J. T. 2014. Defensive enrolment in mantis shrimp larvae (Malacostraca: Stomatopoda). Contributions to Zoology 83, 185–194.

 

Während eines Forschungsaufenthalts am Naturkundemuseum Kopenhagen untersuchten wir in Alkohol aufbewahrte Larven von Fangschreckenkrebsen. Diese Tiere waren in den 1920er und 1930er Jahren während der berühmten Dana-Expeditionen in der Tiefsee gefangen worden. Unter dieser enorm großen Zahl von Larven fanden wir auch einige, die ihren Körper eingerollt hatten, d. h. der Schwanz war nach vorne geklappt und lag dadurch unter dem Kopf. Außerdem besitzt der Kopfschild Vorsprünge, unter denen das Telson arretiert werden kann, wodurch die Einrollung zusätzlich fixiert wird.

 

Da wir im untersuchten Material relativ viele dieser eingerollten Tiere fanden, gehen wir davon aus, dass die Einrollung ein Teil des natürlichen Verhaltensrepertoires dieser Fangschreckenkrebslarven ist. Heutzutage rollen sich normalerweise nur terrestrische Arthropoden ein, wie z. B. Rollasseln oder Saftkugler. Unsere Hypothese ist, dass die Fangschreckenkrebslarven sich dann einrollen, wenn sie einer Gefahr ausgesetzt sind. Interessanterweise hat einer der Gutachter unseres Artikels genau dieses Verhalten bereits in freier Natur beobachtet. Damit konnten wir also anhand von Beobachtungen an Museumsmaterial auf das Verhalten von ansonsten eher schwer beobachtbaren Tieren schließen. Der Artikel ist frei verfügbar und befindet sich hier.

Santanmantis axelrodi Santanmantis axelrodi

08. März 2014:

 

Bereits vor einiger Zeit erschien Maries erster Artikel:

 

Hörnig, M. K., Haug, J. T. & Haug, C. 2013. New details of Santanmantis axelrodi and the evolution of the mantodean morphotype. Palaeodiversity 6, 157–168.

 

Darin beschreiben wir neue Details des Raubbeines der 100 Millionen Jahre alten Mantodeenart Santanmantis axelrodi. Die Arbeit basiert auf einem Stück aus der Crato-Formation (Brasilien), das erste mit erhaltenen Stacheln an Femur und Tibia. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass die hoch spezialisierte Armatur der Vorderbeine evolvierte, noch bevor die Bestachelung der Hinterbeine reduziert wurde (wie man es von modernen Arten kennt).

 

Zwar hat die Morphologie dieses einen adulten Stückes nicht direkt etwas mit Paläo-Entwicklungsbiologie zu tun, aber wir beschreiben noch zwei weitere Stücke. Hierbei handelt es sich um zwei Schabenweibchen, von denen jedes eine Oothek trägt, also ein Eipaket. Diese speziellen Eipakete sind eine evolutionäre Neuheit der Dictyoptera sensu stricto, also der Gruppe, welche Mantodeen und moderne Schaben beinhaltet (wobei letzteren auch noch die Termiten als Innengruppe angehören). Wir diskutieren, wie alt diese spezielle Brutstrategie sein könnte. Brutstrategien haben wir bisher noch nicht anhand fossiler Daten beleuchtet, es stellt jedoch einen weiteren Aspekt der Paläo-Entwicklungsbiologie dar. Der Artikel ist frei verfügbar und kann hier heruntergeladen werden.

Karbonische "Schaben"nymphe Karbonische "Schaben"nymphe

13. Januar 2014:

 

Vor einigen Wochen erschien unser Artikel über Nymphen schabenartiger Insekten:

 

Haug, J. T., Leipner, A., Wappler, T. & Haug, C. 2013. Palaeozoic insect nymphs: new finds from the Piesberg quarry (Upper Carboniferous, Germany). Bulletin of Geosciences 88, 779–791.

 

In diesem Artikel beschreiben wir die ersten schabenartigen Nymphen aus einem Steinbruch am Piesberg bei Osnabrück (Nordwest-Deutschland). Die Funde am Piesberg stammen aus dem Karbon. Unter den beschriebenen Nymphen sind die wahrscheinlich bisher kleinsten fossilen schabenartigen Nymphen mit einer geschätzten Gesamtkörperlänge von 8–9 mm. Im vorhandenen Material konnten wir zwei Stadien identifizieren, jedoch bisher kein möglicherweise dazugehöriges erwachsenes Stadium; es sind aber Flügelreste erwachsener schabenartiger Insekten vom Piesberg bekannt.

 

Die Stücke vom Piesberg sind relativ unvollständig erhalten (zumeist nur das Abdomen, also der Hinterleib). Die klare Identifizierung als Schabenartige gelang nur durch den Vergleich mit Material aus ähnlich alten Lagerstätten, Fossilien aus der Mazon Creek-Lagerstätte (Oberkarbon, Illinois, USA) sowie aus Elmo (Unterperm, Kansas und Oklahoma, USA). Die Nymphen aus Mazon Creek sind vor allem hinsichtlich ihrer Morphologie mit den Stücken vom Piesberg vergleichbar; bei den Nymphen aus Elmo kommt hinzu, dass sie in sehr ähnlicher Weise erhalten sind.

 

Nymphen von karbonischen Schabenartigen sind in den letzten Jahre wenig untersucht worden. Die vorliegende Arbeit soll damit den Beginn eines weiterreichenden Vergleichs darstellen. Erst kürzlich wurde zusätzliches Material am Piesberg entdeckt, welches zur Zeit bearbeitet wird. Unsere Arbeit kann man hier frei herunterladen.

 

Ältere Nachrichten befinden sich hier:

 

News – 2013

 

News – 2011/12